Die Demokratiewerkstätten Rheinsberg und Wittstock wurden in enger Kooperation mit Fachkräften der Jugendsozialarbeit durchgeführt und weiterentwickelt. Sie sind für Kinder und Jugendliche aus Wittstock und Rheinsberg ein zusätzliches Format der politischen Meinungsbildung und kommunalen Interessenvertretung.
zurück zur ÜbersichtSeit 2012 führt die DGB-Jugendbildungsstätte Demokratiewerkstätten in verschiedenen Gemeinden des Landkreises Ostprignitz-Ruppin durch. In Wittstock fand im Sommer 2024 die 40. Ausgabe statt. In Rheinsberg gab es bereits 19. Demokratiewerkstätten und die Beteiligungswerkstatt in Lindow hat sich schon zwanzigmal für die Interessen der Kinder und Jugendlichen eingesetzt. Durchschnittlich besuchen 40 bis 50 Kinder und Jugendliche die Veranstaltungen. Geschätzt dürfte es um die 2500 Teilnehmer:innen in den letzten 12 Jahren gegeben haben.
Die Demokratiewerkstätten sind ein Beispiel dafür, dass nachhaltige Kinder- und Jugendbeteiligung im ländlichen Raum möglich ist. Anders als andere Formate wie Jugendparlamente oder Jugendbeiräte, hat die Demokratiewerkstatt einen offenen, projektbasierten Charakter. Dies bietet Chancen, aber auch Risiken.
Die DGB-Jugendbildungsstätte Flecken Zechlin bot und bietet sehr gute Voraussetzungen: Nicht nur verfügt die Jugendbildungsstätte über ein Tagungshaus mit Übernachtungsmöglichkeiten für bis zu 90 Jugendliche, sondern auch über Sozialarbeiter:innen in den Kommunen und Einbindung in regionale Strukturen. Es bestehen gewachsen Kontakte zu Jugend- und Schulsozialarbeit in Ostprignitz-Ruppin. Das ist eine wertvolle Ressource sowohl für die Akquise von Teilnehmenden, als auch – aufgrund der Bereitschaft einiger auch als Teamende mitzuwirken – für Planung, Organisation und Durchführung. Ein wesentliches Merkmal der Konzeption der Demokratiewerkstatt besteht aus der Verknüpfung von politischer Bildung und Sozialer Arbeit.
Von Anfang an wurden die Veranstaltungen der Demokratiewerkstätten durch politische Bildner:innen und Sozialarbeiter:innen, die im Sozialraum der Teilnehmenden wirken, geplant, organisiert und durchgeführt. So profitieren Politische Bildung und Soziale Arbeit stark voneinander. Politische Bildung befähigt Menschen, gesellschaftliche Strukturen zu verstehen und sich aktiv in demokratische Prozesse einzubringen. Soziale Arbeit unterstützt benachteiligte Gruppen, ihre Rechte wahrzunehmen und sich Gehör zu verschaffen. Gleichzeitig liefert Soziale Arbeit praxisnahe Einblicke in gesellschaftliche Herausforderungen, die politische Bildung konkret und greifbar machen. Durch die Verbindung beider Ansätze entsteht ein Bewusstsein für soziale Gerechtigkeit, Partizipation und Solidarität.
Die Demokratiewerkstatt ist ein auf Dauer angelegtes Format mit einem festen Besucherstamm von Kindern und Jugendlichen, der jederzeit offen für neue Teilnemende und zeitweilige Besucher:innen ist, sich auch als Vertretung von Interessen der Kinder und Jugendlichen in ihrer Gemeinde versteht und der das gesamte Jahr - nicht nur an den Veranstaltungswochenenden - aktiv ist. Die Kinder und Jugendlichen verstehen sich als die Demokratiewerkstatt ihres Ortes, geben sich Logos, gründen AGs, die sich regelmäßig zwischen den Demokratiewerkstätten treffen, fahren als Demokratiewerkstatt auf Exkursion oder haben ein „Demokratiewerkstatt-Büro“ im Jugendzentrum (existierte zeitweise im Jugendzentrum in Wittstock). Die Identifikation der Teilnehmenden als Gruppe ist eine wichtige Grundlage für nachhaltige Wirkung.
Unsere Demokratiewerkstätten werden jeweils drei- bis viermal im Jahr durchgeführt. Diese Form der Regelmäßigkeit ist wichtig und sollte nicht unterschritten werden, wenn man kontinuierlich an bestimmten Projekten arbeiten will. Es ist empfehlenswert, einmal im Jahr die Planung der 12 Monate zu thematisieren und neue Themen der Teilnehmenden zu identifizieren. Auch wenn viele Teilnehmer:innen über Jahre zu den Veranstaltungen kommen, gibt es permanent neue Teilnehmer:innen. Diese Planungs-Demokratiewerkstatt orientiert sich am Konzept von Zukunfstwerkstätten mit Kritikphase (Problemanalyse), Fantasiephase (Ideenentwicklung) und Umsetzungsphase (Planung). Teilnehmer:innen entwickeln gemeinsam kreative Lösungen für zukünftige Herausforderungen. Ziel ist es, Visionen zu entwerfen und konkrete Schritte zur Realisierung festzulegen, um positive Veränderungen zu bewirken. Mit diesen Plänen wird dann in der Folge weiter gearbeitet.
Die einzelnen Demokratiewerkstätten werden durch eine filmische Begleitung miteinander verknüpft. Fast jede Demokratiewerkstatt beginnt mit einem Stimmungsfilm von der letzten Demokratiewerkstatt. Dadurch erfahren die Teilnehmer:innen, was beim letzten Mal passiert ist und erinnern sich gegebenenfalls an die fortlaufenden Prozesse.
Die Demokratiewerkstätten haben kaum Zugangsvoraussetzungen. Die Teilnehmenden werden nicht gewählt oder delegiert, sondern die Teilnahme basiert nur auf der freiwilligen Anmeldung (Selbstrekrutierung der Teilnehmenden). Neben dem Alter 12 bis 26 Jahre ist lediglich der regelmäßige Aufenthalt im jeweiligen Sozialraum erforderlich, ein Wohnsitz hingegen nicht. Dieser sozialräumliche Ansatz kann zu Irritationen der Gemeindeverwaltung führen, wenn diese Kinder- und Jugendbeteiligung als ein exklusives Recht der Einwohner:innen der entsprechenden Gemeinde versteht. Da die Demokratiewerkstätten aber ohnehin projekt- und aktionsorientiert arbeiten und nicht auf formale Repräsentation abheben, spielt die Frage in der Praxis eine untergeordnete Rolle.
Durch den niedrigschwelligen Zugang zur Demokratiewerkstatt können die Jugendlichen sich ausprobieren und ihre zukünftige Teilnahme entsprechend eigenen Präferenzen festlegen. Die bekannte Problematik der Formate Jugendbeirat und -parlament, dass Personen gewählt werden, die zwar beliebt sind, aber am Ende keine Zeit oder Lust haben, entsteht daher nicht. Allerdings gibt es drei erwähnenswerte Nachteile an diesem Verfahren. Zum einen tut sich die lokale Politik sehr schwer mit der fehlenden demokratischen Legitimation. Auch wenn andere Formate der Erwachsenenwelt wie Bürgerinitiativen oder Lobbygruppen ihre partikularen Interessen selbstbewusst vortragen, wird den Jugendlichen der Demokratiewerkstätten entgegnet, dass sie nicht repräsentativ seien.
Zum anderen bilden sich informelle Strukturen aus. Auch wenn durch Pressearbeit und Werbemaßnahmen die Demokratiewerkstätten der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht werden, besteht die Gefahr, dass die Demokratiewerkstätten vorrangig von denen besucht werden, die darüber durch den unmittelbaren Kontakt zur Sozialarbeit oder durch andere Teilnehmer:innen davon erfahren. Außerdem ist das Format der Veranstaltung (3 Tage übers Wochenende) nicht für jede(n) potentielle(n) Teilnehmer:in möglich, weil es bspw. andere Verpflichtungen oder familiäre Hindernisse gibt. Dieser Problematik konnte in der Vergangenheit mit Veranstaltungen wie Jugendforen, die bspw. In der Schulzeit stattgefunden haben, begegnet werden, jedoch konnte sie letztlich nicht gänzlich gelöst werden. Es besteht die Gefahr, dass dadurch eine "Blase" entsteht, in der sich vorwiegend Jugendliche mit ähnlichen sozialen Hintergründen begegnen. Eine stärkere Durchmischung von Teilnehmenden aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen wäre wünschenswert, um vielfältigere Perspektiven einzubeziehen und den Austausch über soziale Grenzen hinweg zu fördern.
Der freie Zugang birgt die Gefahr der feindlichen Übernahme des Formats durch demokratiefeindliche Gruppen, die dann als Vertreter:innen der Jugend auftreten könnten. Die Demokratiewerkstätten geben sich zwar Regeln gegen Diskriminierung, aber theoretisch könnten diese geändert werden. Die Gefahr ist aber eher theoretisch und vielleicht sogar geringer als bei repräsentativen Gremien, wo demokratiefeindliche Gruppen Wahlen zum Jugendparlament als Bühne nutzen könnten. Durch die projektorientierte Arbeit werden populistische Störer:innen unserer Erfahrung nach abgeschreckt. Allerdings machen auch wir die Erfahrung, dass aus der Erwachsenen-Welt Angriffe auf unsere Konzepte erfolgen, kommunale Förderung in Frage gestellt wird und man am liebsten die Demokratiewerkstätten abschaffen würde, weil sie ein Dorn im Auge sind. Letztlich hat die DGB-Jugendbildungsstätte als Veranstalter auch stets die Möglichkeit, demokratiefeindlichen Störungen und diskriminierenden Verhaltensweisen durch Ausübung des Hausrechts Einhalt zu gebieten.
Die Demokratiewerkstätten richten sich insbesondere an Jugendliche, die über klassische Formate der politischen Bildung schwer zu erreichen sind. Dazu gehören häufig Adressat:innen der Sozialen Arbeit, die in Bezug auf politische Bildung bisher weniger angesprochen wurden. Diese Zielgruppe bringt oft eigene Herausforderungen mit, wie etwa (bildungs-) biografische Brüche oder sozioökonomische Benachteiligungen, was eine besonders sensible und beziehungsorientierte Herangehensweise erfordert.
Zur Akquise von Teilnehmenden kombinieren wir die direkte Ansprache durch Fachkräfte der Schulsozialarbeit und der offenen Jugendarbeit mit der Werbung und Bekanntmachung über social media und auch über Flyer und Plakate, die in den örtlichen Jugendclubs und auch Schulen verteilt und ausgehangen werden. Die persönliche Ansprache von Jugendlichen durch Fachkräfte hat unserer Beobachtung und Erfahrung nach einen wesentlich größeren Einfluss auf die Teilnahme und ist als Akquiseinstrument wirksamer als die (von uns also mit ergänzendem Charakter eingesetzte) Bekanntmachung über social media und mit Flyern sowie Plakaten. Beziehungsarbeit ist wie so häufig auch für uns das entscheidende Erfolgsrezept.
Hauptmotivation der überwiegenden Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen für die Teilnahme an den Demokratiewerkstätten ist unserer Beobachtung nach die Aussicht auf ein Wochenende mit viel Spaß, Freund:innen und ohne Eltern. Oder wie ein Teilnehmer es mal formulierte: „Die Demokratiewerkstatt ist ein Deal: Erst müssen wir für Euch quatschen und dann dürfen wir feiern“. Diesen Faktor gilt es bei Akquise, Planung und Durchführung nicht zu unterschätzen. Ein Kernmerkmal unserer Demokratiewerkstätten ist es daher, dass Spaß, Partizipation und Mitbestimmung bis hin zur Vermittlung und gemeinsamen Erarbeitung von Inhalten der politischen Bildung nicht gegeneinander gedacht werden, sondern in möglichst harmonischen Einklang gebracht werden. Dies hat den Vorteil, dass die Teilnehmenden aus verschiedenen Hintergründen zu uns kommen. Der vom Teilnehmer angesprochene Deal birgt natürlich die Gefahr, dass der inhaltliche Teil der Demokratiewerkstatt nur erduldet wird, aber unser Erfahrung nach entwickeln die Workshops und Mikroprojekte eine eigene Dynamik.
Weiterhin hat sich die betreute und professionell Umgesetzte aber gleichwohl unter Mitbestimmung der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen geplante und gestaltete Durchführung eines Freizeitprogramms in den Abendstunden als wesentlicher Beitrag zur Motivation zur Teilnahme und zur Gewährleistung von Spaß beim Mitmachen erwiesen. So gehören beispielsweise Mottopartys, Pizza backen, Talentshows und Nachtwanderungen zu den Aktivitäten, die auf Grundlage entsprechender Wünsche und Zustimmungen auf Seiten der Teilnehmenden im Freizeitbereich angeboten wurden und werden.
Insgesamt bietet die Demokratiewerkstatt so ein Format, dass Teilhabe und Mitbestimmung auf zwei Ebenen ermöglicht bzw. unterstützt: Erstens gestalten die Teilnehmenden die Inhalte der Demokratiewerkstatt - sowohl im Freizeitbereich als auch im Workshopbereich - mit und zweitens bietet die Demokratiewerkstatt ein Forum, das zur gesellschaftlichen Partizipation und zur Mitbestimmung auch in politischen - insbesondere kommunalpolitischen - Angelegenheiten genutzt werden kann und genutzt wird.
Bedeutend ist, dass in die inhaltliche Gestaltung der Demokratiewerkstätten – sowohl der Workshops als auch des Freizeitbereichs – Kinder und Jugendliche, die teilnehmen möchten und Interesse haben, einbezogen werden. Gleichwohl sollte der Charakter der Demokratiewerkstätten als Ort der auch gesellschaftlichen und (kommunal-)politischen Teilhabe und Mitbestimmung bis hin zur politischen Bildung gewahrt und entwickelt werden.
Zu unserer Praxis gehören Vorbereitungstreffen, die sowohl separat mit Kindern und Jugendlichen unter Leitung der Organisatoren einerseits und im erwachsenen Team andererseits, als auch unter Beteiligung aller – Kinder und Jugendliche, Organisatoren und Teamende – an einem Tisch, stattfinden können. Im Optimalfall beraten die daran interessierten Teilnehmenden, die Teamenden und die Organisator:innen gemeinsam und auf Augenhöhe über die Workshops und die Freizeitgestaltung der anstehenden Demokratiewerkstatt und treffen auf dieser Grundlage konsensuale Entscheidungen. Dabei wird mit ggf. auftretenden Einwänden gegen Vorschläge, die zum Beispiel - auf Seiten von Organisator:innen und Teamenden - die Sicherheit der Teilnehmenden, die Umsetzbarkeit oder den zu wahrenden Charakter der Demokratiewerkstatt auch als Ort der Beteiligung und Mitbestimmung bei gesellschaftlichen und (kommunal-)politischen Themen betreffen können, transparent umgegangen. Selbstverständlich können in dieser Situation der Beratung auf Augenhöhe von allen Seiten sowohl Vorschläge als auch Einwände und Argumente eingebracht werden. So werden Einwände und Vorschläge seitens der Teilnehmenden, die ihre Interessen an Spaß und Unterhaltung aber auch an Selbstverwirklichung und Bildung entsprechend in den Vordergrund rücken, grundsätzlich ebenso gewichtet, wie die von Erwachsenenseite eingebrachten Positionen.
Dass Teilnehmende, wie es der entwickelten Praxis unserer Demokratiewerkstätten entspricht, aus dieser Rolle heraus nicht selten über Jahre in größere Verantwortungsübernahme hineinwachsen, trägt zusätzlich dazu bei, dass die unterschiedlichen beteiligten Gruppen – Teilnehmende, Teamende und Organisator:innen – bei Planung und Vorbereitung nicht ganz klar voneinander abgegrenzt sind, sondern fließende Übergänge zwischen den Gruppen charakteristisch sind.
Auf Grundlage der Beschlüsse der Vorbereitungstreffen erstellen die Organisator:innen für jede Demokratiewerkstatt einen Ablaufplan, planen das Personal für die Workshops und beschaffen ggf. nötige Materialien.
Die Teilnehmenden haben die Möglichkeit, sich online zur Teilnahme an der Demokratiewerkstatt anzumelden oder auch ihr Interesse an einer Teilnahme bei den vernetzten Sozialarbeiter*innen anzumelden. Jedenfalls muss zum Start einer Demokratiewerkstatt ein ausgefüllter und von Erziehungs-/Sorgeberechtigten unterschriebener Anmeldezettel mitgebracht werden.
Durch die Förderung der Demokratiewerkstätten über verschiedene Töpfe konnte der von den Teilnehmenden selbst zu zahlende Beitrag bisher bei 15,– € pro Teilnehmer:in gehalten werden. Die Teilnahme beinhaltet dabei neben dem Besuch eines Workshops und dem Freizeitangebot auch die Übernachtung und Verköstigung in der DGB Jugendbildungsstätte.
Neben feststehenden Regeln, die sich aus Gesetzen, aus der Hausordnung des Veranstaltungsortes oder aus unverhandelbaren Anforderungen der Sicherheit und Jugendschutzes ergeben können, gibt es Regeln, die beschlossen werden und deren Geltungsbereich sich nur auf die Demokratiewerkstätten erstreckt. Diese Regeln sollten grundsätzlich unter Mitbestimmung aller Teilnehmenden beschlossen und umgesetzt werden. Beispiele für Regeln aus unserer Praxis, die einvernehmlich unter Mitbestimmung (aller) Teilnehmenden beschlossen werden (sollten), sind die Linke-Hand-Regel (wenn um Ruhe gebeten wird - beispielsweise damit jemand bestimmtes zu Wort kommen kann oder damit mit einem neuen Programmpunkt gestartet werden kann – wird die linke Hand gehoben) und die Bestimmung der Uhrzeiten für die Nachtruhe.
Alle Regeln werden jeweils zu Beginn einer Demokratiewerkstatt vorgestellt, wobei an der Vorstellung der Regeln grundsätzlich alle beteiligt sind. Zumeist geschieht diese Vorstellung des Regelwerks auch unter Nutzung spielerischer Methoden (beispielsweise werden Regeln pantomimisch dargestellt und erraten).
Die Demokratiewerkstätten starten jeweils an einem Freitagnachmittag und enden am Sonntag nach dem gemeinsamen Mittagessen und einer Auswertungsrunde.
Der Freitag wird zum Einchecken, zum Bezug der Zimmer in der DGB-Jugendbildungsstätte und zur Vorstellung der Workshops und Wahl ihrer Workshops durch die Teilnehmenden genutzt. Außerdem wird der Film der letzten Demokratiewerkstatt gezeigt, von verschiedenen Aktivitäten zwischen den Demokratiewerkstätten berichtet, neue zu bearbeitende Themen und Stimmungslagen aufgenommen. Am Freitag sind die Teilnehmenden meist von der Schulwoche erschöpft, so dass das Programm nicht zu dicht werden darf. In der Freizeit werden Angebote wie Filmabend, Gesellschaftsspiele oder Kicker-Turnier immer gut angenommen.
Der Samstag ist gekennzeichnet durch die Arbeit in den Workshops. Beispiele für Themen von Workshops, die unter Mitbestimmung und mindestens zum Teil maßgeblicher Initiative der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen beschlossen und erfolgreich durchgeführt wurden, sind Produktion eines Podcasts, Gestaltung einer kommunalen Skateanlage, Theaterworkshops oder auch die Beschäftigung mit Kandidaten und Parteiprogrammen im Vorfeld politischer Wahlen. Daneben werden aber auch immer wieder Workshops mit weniger engem Bezug zu politischer und gesellschaftlicher Teilhabe durchgeführt - beispielsweise gemeinsames Kochen und Backen oder gemeinsame Besuche von besonderen Märkten oder öffentlichen Veranstaltungen. Solche Angebote stehen stets auf der Grundlage von Initiative und Zustimmung durch die Teilnehmenden – sind also, wenn man so möchte, ihrerseits der Output eines demokratischen Prozesses. Auch sollte bei der Durchführung dieser Angebote auf Mitbestimmung und die Frage eines Mehrwertes für die gesellschaftliche und politische Teilhabe Wert gelegt werden: So können die beim gemeinsamen Kochen und Backen zu treffenden Entscheidungen partizipativ unter Beteiligung aller Teilnehmenden des Workshop getroffen werden und beim Besuch von Märkten oder Veranstaltungen kommt es auch auf deren thematischen Bezug zu Gesellschaft, Politik und Beteiligung an. Erfahrungsgemäß ermöglichen solche Angebote, deren Bezug zur politischen Teilhabe und Mitbestimmung weniger stark und eng ist und bei denen das gemeinsame Erleben und Produzieren noch stärker im Vordergrund steht, gerade für jüngere Teilnehmende einen spaßigen, freudvollen und selbstwirksamen Einstieg in die Demokratiewerkstätten. Von Seite der Organisator:innen wird dennoch darauf Wert gelegt, dass das Angebot jeder Demokratiewerkstatt auch Workshops mit deutlicherem und engerem Bezug zur sozialen und politischen Partizipation beinhaltet.
Auch am Samstag gibt es in den Abendstunden ein auf dem Planungstreffen beschlossenes Freizeitangebot.
Am Sonntag erfolgt nach einem letzten etwa einstündigen Zeitfenster für die finale Vorbereitung die Präsentation der Ergebnisse der Arbeit in den Workshops. Jeder Workshop stellt die Ergebnisse seiner Arbeit vor dem Publikum aller Teilnehmenden vor. Diese Präsentation bildet den Höhepunkt und inhaltlichen Abschluss der Demokratiewerkstatt und erfolgt zumeist unter Anwesenheit von Interessierten aus Kommunalpolitik und Verwaltung.
Zur Präsentation der Ergebnisse am Sonntag-Vormittag werden auch Verantwortliche aus Kommunalverwaltung und –Politik eingeladen. Diese Einladung und dieses Angebot an die Politik und Verwaltung, die Demokratiewerkstätten als Möglichkeit, mit Kindern und Jugendlichen der Gemeinde in Kontakt zu gehen und die Demokratiewerkstätten als ergänzendes Format der Kinder- und Jugendbeteiligung zu nutzen, wird in unserer Praxis der Demokratiewerkstatt Wittstock mit Kontinuität angenommen. So können Demokratiewerkstätten dazu beitragen, dass Kommunikation und Verständnis zwischen Politik und Verwaltung einerseits und den Kindern und Jugendlichen der Gemeinde andererseits gepflegt und ausgebaut werden. Auch bietet sich für Kinder und Jugendliche eine Möglichkeit, konkrete Anliegen in den Workshops zu entwickeln und diese über die Präsentation am Sonntag direkt gegenüber Politik und Verwaltung vorzustellen. Das ist auch ein wichtiger Schritt der Kinder und Jugendlichen für die Erfahrung von Selbstwirksamkeit in der sozialen und politischen Beteiligung und Mitbestimmung.
Die Demokratiewerkstätten erfinden das Rad der politischen Bildung nicht neu. Viele Elemente, die wir nutzen, sind bekannte Strategien aus der Demokratieförderung. Was die Demokratiewerkstätten aus unserer Sicht so besonders macht, sind folgende Erfolgsfaktoren:
Unabhängig von Kommune, Lobbyismus der Kinder und Jugendlichen für sich selbst. Wer bei den Demokratiewerkstätten dabei ist, ist selbstbestimmt. Kommunale Partner:innen wünschen sich immer wieder repräsentative Strukturen, aber die Demokratiewerkstätten verstehen sich nicht als Parlament. Es ist ein Zusammenschluss von Kindern und Jugendlichen, die selber bestimmen, was gerade ihr wichtigstes Anliegen ist und wie sie es angehen wollen. Das kann ein Workshop, eine Vorsprache in der Gemeindevertretung oder eine Demonstration sein.
Bedroht wird die Demokratiewerkstatt von zwei Tendenzen. Einerseits versuchen lokale Akteur:innen antidemokratischer Parteien die Demokratiewerkstätten zu delegitimieren. Andererseits entwickelt sich die Förderlandschaft gerade dahin, dass spektakuläre, kampagnenhafte Interventionen im Digitalen eher gefördert werden, als seit Jahren angewandte Konzepte. Wir sind zuversichtlich beiden Trends trotzen zu können und vielleicht in einigen Jahren die 100. Demokratiewerkstatt Wittstock zu feiern.